Einen Monat lang – den gesamten Oktober – feiert CINEMA QUADRAT sein 50. Jubiläum durch ein gesondertes Programm aus Reihen und Einzelveranstaltungen, sorgfältig ausgewählt und auf 50 Jahre Kinoarbeit bezogen.

Aber wie wählt man ein solches Programm aus? Was ist heute (noch) interessant zu sehen? Wie feiert man ein Kino-Jubiläum und die jahrzehntelange ehrenamtliche Programmarbeit?

Die Programmauswahl erfolgte – wie die gesamte Organisation des Jubiläums – durch das sogenannte Jubiläums-Team, das in 16 Sitzungen über die Dauer eines ganzen Jahres tagte und in zahllosen Stunden recherchierte, sichtete und diskutierte, um das Jubiläum angemessen zu feiern.

Das Team bestand aus: Peter Bär, Sabine Fischer, Manuel Hugenschmidt, Christian Lohse, Erich Siebert, Alexander Sigelen.

Hier ein Überblick über die Reihen und Einzelveranstaltungen und kurze Erläuterungen, was sich das Team dabei gedacht hat.

Filme der ersten Monate

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Welches waren die ersten Filme, mit denen sich CQ einem neugierigen Kreis von Filminteressierten vorstellte? Was war damals neu, von Interesse, außergewöhnlich? Was waren die Alternativen zu Schrott-Filmen wie Graf Porno, Die Wirtin von der Lahn und Die Lümmel von der letzten Bank?

  • In den ersten Wochen und Monaten liefen die Preisträger der XX. Internationalen Filmwoche Mannheim, von denen der Hauptpreisträger der argentinische Film Der Weg zum Tod des alten Reales von Gerardo Vallejo, leider nicht mehr in einer vorführbaren Kopie existiert. Dafür zeigen wir den zweiten Preisträger Anaparastasi – Rekonstruktion,  den ersten Langfilm von Theo Angelopoulos, dessen spätere Filme wie „Die Wanderschauspieler“ (1975) oder „Landschaft im Nebel“ (1988) ihm den Status eines der wichtigsten europäischen Filmemacher sicherte. Hier hatte die Mannheimer Filmwoche wieder einmal einen Regisseur entdeckt.
     
  • Des Weiteren wurden die ersten Filme der Regisseure gezeigt, die später zum Neuen Deutschen Film gezählt wurden: Cardillac von Edgar Reitz, Bruno der Schwarze von Lutz Eisholz mit Bruno S., dem Schauspieler, der später für Werner Herzog unter anderem den Kaspar Hauser spielen sollte. Dazu gehört auch Bübchen von Roland Klick, Kopfstand, Madam von Christian Rischert oder mit Eine Prämie für Irene von Helke Sanders und Die Geschichten vom Kübelkind von Ula Stöckl, zwei der ersten Regisseurinnen des deutschen Nachkriegskinos.
  • Gezeigt wurden auch engagierte internationale politische Filme wie die Dokumentation über den FBI-Mord an dem Black-Panther-Aktivisten Fred Hampton im Jahre 1969 (The Murder of Fred Hampton von Howard Alk), ein Film über den noch heute virulenten Rassismus der Polizei in den USA. Der Film, ursprünglich als Porträt des Aktivisten geplant, wurde zum Statement gegen die Behauptungen der Polizei, in Notwehr gehandelt zu haben. Übrigens haben sich alle Aussagen des Films, die 1971 noch als Spekulation zurückgewiesen wurden, in nachfolgenden Prozessen als richtig bestätigt. Aber keiner der beteiligten FBI-Beamten wurde zur Rechenschaft gezogen.
     
  • Die tschechische Verfilmung von Jules Vernes Science-Fiction-Roman Die Erfindung des Verderbens von Karel Zeman steht für bereits früh mit ins Programm aufgenommene Trickfilme und Experimente.

Aus dem Jahr 1971

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Was gab es sonst noch an Filmen aus dem Jahr 1971? Cinema Quadrat konnte nicht die gesamte Filmproduktion des Jahres in den ersten drei Monaten von Mitte Oktober bis Dezember vorführen. Doch was war damals der kinematografische Stand der Dinge, wenn man nicht die Lümmelfilme oder Softpornos sehen wollte?

  • Hier haben wir beispielgebend mit Tod in Venedig von Luchino Visconti, Der Händler der vier Jahreszeiten von Rainer Werner Fassbinder, Trafic von Jacques Tati und Das Mädchen und der Kommissar von Claude Sautet versucht, ein paar Repräsentanten des damaligen europäischen Kinos und mit Hal Ashbys Harold and Maude und Peter Watkins’ Strafpark von Peter Watkins zwei Beispiele des engagierten New Hollywood auszugraben.
  • Eine besondere Rolle spielt der Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ von Rosa von Praunheim.
    Er kam 1971 heraus und wurde im Frühjahr 1972 vor 600 Zuschauern von Cinema Quadrat im Royal-Kino gezeigt und mit Rosa von Praunheim im Kino heftig diskutiert. Er war der erste Film, der die Situation der Homosexuellen als solche zum Thema machte und der Auftakt für weitere Schwulen- und Lesben-Filme, die bis heute einen festen Platz im Programm von CQ haben.

Die Vorführung am 8. Oktober im Rahmen des Jubiläumsprogramms wird von einem Filmgespräch mit Klaus Schirdewahn, Leiter der Gruppe Gay & Gray, begleitet.

Aus den fünf Jahrzehnten

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50 Jahre Filmgeschichte und Programmarbeit sind eigentlich kaum darstellbar. Und natürlich wollten wir filmisch auch nicht im Jahre 1971 verharren, sondern zumindest mit ein paar ausgewählten Filmen die 50 Jahre vorbeiziehen lassen.

So haben wir aus jedem Jahrzehnt jeweils einen Film ausgewählt, der international dieses Jahrzehnt repräsentieren soll, sowie einen weiteren Film, der als besondere Entdeckung oder als mehrfach gezeigtes Highlight des CQ-Programms angesehen werden kann.

Die Auswahl ist natürlich subjektiv (von den sechs Mitgliedern des Jubiläumsausschusses getroffen) und teilweise abhängig von der Verfügbarkeit.
Wir laden dazu ein, diese Auswahl und diese Filme zu diskutieren, vor allem aber (wieder) zu sehen!

 

Intern. Highlight

Entdeckung von CQ

1971 – 1980

Dieses obskure Objekt der Begierde (1977)

von Louis Buñuel

Julie und Celine fahren Boot (1974)

von Jacques Rivette

1981 – 1990

Blade Runner (1982)

von Ridley Scott

Stalker (1979) (aus dem Jahrzehnt gefallen!

von Andrei Tarkowski

1991 – 2000

Pulp Fiction (1994)

von Quentin Tarantino

Nénette & Boni (1996)

von Claire Denis

2001 – 2010

Mulholland Drive (2001)

von David Lynch

I´m a Cyborg, But That`s OK (2006)

von Park Chan-Wook

2011 – 2021

Toni Erdmann (1916)

von Maren Ade

The Lobster (2015)

von Giorgos Lanthimos

Carte Blache und "Panel"

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CQ hatte in 50 Jahren sieben GeschäftsführerInnen, die einen nicht geringen Teil ihres Lebens dem Kino gewidmet haben und sich – weit über die meist zu gering bezahlte Arbeitszeit hinaus – für das Kino eingesetzt haben. Ihnen gilt ein besonderer Dank im Rahmen des Jubiläums.

Wir haben allen angeboten, einen Abend im Kino zu gestalten, über ihre Zeit für CQ zu sprechen und einen ihrer Lieblingsfilme vorzustellen.

Fünf von ihnen haben es übernommen, präsentieren „ihren“ Film und werden über „ihre Zeit“ sprechen. Es werden ganz besondere, einmalige Abende werden:

Termin

GF/in

Film

 

So. 03.10.

Sabine Fischer (seit 2015)

Priscilla – Königin der Wüste (1994)

von Stephan Elliott

 

So. 10.10.

Elvira Richter (1979 – 1984)

Geschichte wird gemacht. Jetzt und immer wieder – ein diverses Kurzfilmprogramm

 

So. 17.10.

Arthur Böppler (1990 – 1994)

Plan 9 aus dem Weltall (1959)

von Ed Wood (der „schlechteste“ Film aller Zeiten!)

 

So. 24.10.

Helgard Gammert (1973 – 1978)

Bab'Aziz – Der Tanz des Windes (2005)

von Nacer Khemir

 

So. 31.10.

Susanne Kaeppele (1985 – 1990)

Der Spiegel (1975)

von Andrei Tarkowski

 

Zum Panel kommen die GeschäftsführerInnen an einem Abend zusammen und sprechen über 50 Jahre kommunale Filmarbeit in Mannheim, über den Spagat zwischen eigenem Anspruch und technischer und finanzieller Machbarkeit, über das unberechenbare Publikum, über den Kampf mit der Verwaltung ums liebe Geld und für ein jeweils adäquates neues Kino und über die Auseinandersetzungen im und mit dem Programmausschuss.

An diesem Abend ist kein Film auf der Leinwand zu sehen, aber viele Filme laufen im Kopf ab. Und wir werden sehen, was sich in 50 Jahre verändert hat und was immer wieder gleich war.
Alle, die mal dabei waren oder die vielleicht vorhaben, zukünftig mitzumachen, sind besonders herzlich eingeladen. Eintritt frei.
 

Schauplatz Mannheim

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Cinema Quadrat hat immer die örtliche Verwurzelung gepflegt durch eine enge Kooperation mit vielen lokalen Initiativen, Organisationen und Einrichtungen. Und gelegentlich gibt es Filme, die in Mannheim gedreht wurden oder Ereignisse in Mannheim zum Thema haben. Stellvertretend hierfür stehen zwei Filme, die an fünf Abenden zu sehen sein werden.

  • „Sand“  von Peter Palitzsch ist eigentlich ein Fernsehfilm, aber er stammt aus dem Jahre 1971 und wurde als Eröffnungsfilm der XX. Internationalen Filmwoche im Oktober in Mannheim uraufgeführt. Dies wären allein schon Gründe, ihn vorzustellen.

    Entscheidend aber ist, dass er eines der bedeutendsten historischen Ereignisse von Mannheim zum Thema hat, nämlich die Ermordung des Schriftstellers und Publizisten August von Kotzebue durch den Burschenschaftler Karl Ludwig Sand am 23. März 1819 in Mannheim, genauer in dessen Wohnung in A 2, 5. Es war eine Tat, die sich aus der persönlichen Situation eines fanatisierten Einzelgängers in einer aufgeheizten politische Stimmung in den Jahren nach den Befreiungskriegen erklären lässt, die von Burschenschaftlern als „Sieg“ gefeiert wurde, im Prinzip aber doch mehr die Restauration stärkte, denn der damals starke Mann Metternich nutzte die Stimmung einer breiten Debatte über den Verfall von Disziplin und Moral an den deutschen Universitäten, um innerhalb der Bundesversammlung die Karlsbader Beschlüsse durchzusetzen, mit denen er die Unterdrückung der liberalen und nationalen Bewegung an den Universitäten bewirkte.

    Siehe auch:
          https://www.marchivum.de/de/blog/stadtgeschichte-29
          https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Ludwig Sand

    Vorstellungen des Filmes mit Einführungen und anschließender Diskussion:
    Mi. 06.10. 2021, 19:45 Uhr
    Mo. 11.10. 2021, 19:30 Uhr
    Di. 19.10. 2021, 19:30 Uhr
     
  • - „Wer fuhr den grauen Ford“ von Otto Wernicke aus dem Jahr 1950.

    Dieser schon früher im Cinema Quadrat gezeigte Film hat einen realen Bankraub kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Mannheim zum Thema. Die Beute betrug die damals enorme Summe von 160.000 DM. Der Film wurde an Originalschauplätzen in Mannheim gedreht nach einem Drehbuch von Kurt Joachim Fischer, einem der Mitbegründer der Internationalen Filmwoche Mannheim, heute Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg.

    Vorstellungen des Filmes mit Einführungen und anschließender Diskussion:
    Sa. 08.10.2021, 19:30 Uhr
    Mi. 13.10.2021, 19.30 Uhr
Lenz

Sonderveranstaltungen

  • Samstag, 16.10.2021, ab 16:00 Uhr Tag der offenen Tür für alle Interessierten mit Kurzfilmen
    und ab 19:30  Uhr der Film „Lenz, von George Moorse mit Einführung.
    Es handelt sich um eine Verfilmung der kurzen Erzählung von Georg Büchner über den Sturm- und Drang-Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz. Lenz ist zudem einer der ersten in Cinema Quadrat gezeigten Filme, der auch in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder im Programm auftauchte. Da der Film bis heute nicht digitalisiert wurde, ist er nur analog mit einer 35mm Kopie und deshalb nur in Kinos wie Cinema Quadrat aufführbar, die diese Möglichkeit noch vorhalten. Es ist also eine einmalige Gelegenheit den Film im Kino zu sehen Eine sehen
     
  • Samstag, 23.10.2021 um 19:30 Uhr Panel – siehe: Carte Blanche und „Panel“
    Treffen mit den GeschäftsführerInnen aus 50 Jahren Kinoarbeit in Mannhei
    m
  • Mittwoch, 27.10.2021, 19:30 Uhr, Nagisa Oshima und die Nouvelle Vague Japans
    Peter Bär berichtet über eine der größten Veranstaltungen von Cinema Quadrat im Rahmen der Symposien, als der japanische Filmemacher Nagisa Oshima als Gast von Cinema Quadrat nach Mannheim kam und mit ihm eine Reihe von Filmen vorgestellt wurden, die als Nouvelle Vague Japans gelten, aber in Europa weitgehend unbekannt waren. Cinema Quadrat hat damals eine ganze Retrospektive organisiert, die bundesweit in 12 kommunalen Kinos nachgespielt wurde.

    Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Japanese_New_Wave
     
  • Sonntag,  31.10.2021, 11:00 Uhr Matinee-Veranstaltung
    nur für Mitglieder und solche, die es an diesem Tage werden wollen!