Film ist Kunst. Und kann als Kunst von Kunst erzählen, kann Kunst dokumentieren, kann Kunst (be)greifbar machen. Der Film und die Bildende Kunst befruchten sich schon immer gegenseitig, und schon immer können beide Kunstgattungen voneinander profitieren. Das Kino nimmt Bezug auf die Bildwelten der Kunstgeschichte; und in der zeitgenössischen Kunst ist das Einbeziehen von Fotographie und Film längst selbstverständlich geworden. Bereits seit 2008 kooperieren die Kunsthalle Mannheim und das Cinema Quadrat mit der Veranstaltungsreihe „Film & Kunst“. Beide Kultureinrichtungen haben wieder gemeinsam Filme ausgewählt, die sich mit der Kunst, mit dem Leben und Werk von bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten beschäftigen. Im Fokus steht der Dialog zwischen Kunst und Film. Cinema Quadrat und Kunsthalle Mannheim arbeiten die Berührungspunkte zwischen dem künstlerischen Werk der Protagonisten und der filmischen Bearbeitung des Themas heraus. In Kurzvorträgen vor den Filmvorführungen werden die Verbindungen beider Gattungen deutlich.
Die Filme werden immer im Cinema Quadrat und immer in optimaler digitaler Form präsentiert.

The Lost Leonardo
FRA/DNK/SWE/NOR 2021. R: Andreas Koefoed. Dokumentarfilm. 100 Min. Engl-frzOmdtU. FSK: 0
Was passiert, wenn ein Kunstkenner glaubt, ein verschollenes Gemälde von Leonardo da Vinci bei einer Auktion in New Orleans entdeckt zu haben (nicht gerade der Ort, an dem man italienische Kunst des 15./16. Jahrhunderts erwarten würde)? Er kauft es für rund 1000 Dollar, weil niemand sonst es für ein Werk des Renaissance-Giganten hält. Aber könnte es nicht vielleicht doch möglich sein? So werden Sachverständige aus Museen hinzugezogen, in denen Werke von Leonardo da Vinci hängen, z. B. Louvre und National Gallery, um das gefundene Gemälde damit zu vergleichen und seine Urheberschaft zu klären. Die Expert*innen sind sich zwar nicht einig, doch wird das Gemälde zunächst Leonardo „zugeschrieben“, mehrmals weiterverkauft und gilt irgendwann offenbar doch als eigenhändiges Gemälde von Leonardo da Vinci. Zwölf Jahre nach dem Fund erzielt es schließlich den aberwitzigen Rekordpreis von 450 Mio. Dollar – und verschwindet in einer privaten Sammlung. Niemand weiß, wem es gehört, wo es sich befindet. Der Film des dänischen Regisseurs Andreas Koefoed beleuchtet ebenso spannend wie sachlich die undurchsichtige Welt des internationalen Kunsthandels.
Einführung: Dr. Dorothee Höfert, Kunsthalle Mannheim
Do. 23.03.2023, 19:30 Uhr

Michel Majerus – Next Step
DEU 2021. R: Anne Schiltz. Dokumentarfilm. 59 Min. FSK: k. A.
Der Dokumentarfilm „Michel Majerus – Next Step“ erinnert an das Leben und Werk eines jungen, talentierten Künstlers der 1990er Jahre, der viel zu früh bei einem Flugzeugabsturz 2002 ums Leben kam. Seine Karriere begann gleich nach dem Mauerfall in Berlin, wo er mit ebenso spielerisch wie klug kombinierten Bildmotiven aus „High Art“ und „Low Art“ für Aufmerksamkeit sorgte, lange bevor die digitale Gestaltung und Bildbearbeitung aufkam. Ob Marilyn Monroe (als Warhol-Zitat) oder Comic-Figuren (aus der damals beliebten „Super Mario“-Welt), ob abstrakter Expressionismus (Willem de Kooning war ein Vorbild für ihn), Graffiti oder Street Art (er war mit der Szene vertraut) – Michel Majerus verarbeitete alles in expressiven, teils großformatigen Werken, von denen einige derzeit in der Kunsthalle Mannheim zu sehen sind. 1967 in Luxemburg geboren, studierte er an der Stuttgarter Kunstakademie; Ausstellungen zu Lebzeiten u. a. in der Kunsthalle Basel und auf der Biennale in Venedig verdeutlichen die rasch erfolgte Anerkennung seiner Arbeiten. Die Dokumentation von Anne Schiltz bietet eine gute Gelegenheit, Michel Majerus und sein temporeiches Schaffen kennen zu lernen.
Einführung: Dr. Dorothee Höfert, Kunsthalle Mannheim
Do. 13.04.2023, 19:30 Uhr

Mary Bauermeister – Eins und eins ist drei
DEU 2020. R: Carmen Belaschk. Dokumentarfilm. 102 Min. FSK: k.A.
Mary Bauermeister (*1934) gilt als Mutter der sog. „Fluxus“-Bewegung der 1960er Jahre. Fluxus bringt Video, Musik, Licht, Geräusche, Bewegung, Handlungen und diverse Materialien in einer Aktion zusammen und zielt auf eine fließende (Fluxus: lat. Fluss) Einheit von Kunst und Leben. In einem Dachgeschoss der Kölner Lintgasse arbeitet Bauermeister mit Persönlichkeiten wie Karlheinz Stockhausen, John Cage, Nam June Paik, Josef Beuys zusammen und wechselt 1962 für zehn Jahre nach New York, wo sie sich in der vielfältigen Kunstszene vor allem mit ihren „Linsenkästen“ durchsetzen kann: In offenen, weißen Holzkisten schuf Bauermeister kleine, geheimnisvolle Welten aus glänzendem Glas, Lupen, Linsen und Prismen, hinterlegt von feinen Tuschezeichnungen und aufgetragenen Texten. Zurück in Köln beschäftigt sie sich mit Landschafts- und Gartengestaltung, erhält zunehmend öffentliche und private Aufträge dafür und legt über die Jahre ein faszinierendes, großes Areal an, in dem Bauwagen, kleine Häuschen und ein Turm zwischen Bäumen und Beeten genug Platz für sie, ihre Kinder (u. a. aus der Ehe mit Karlheinz Stockhausen) und befreundete Künstler*innen bieten – für ein Leben voller Kreativität.
Einführung: Dr. Dorothee Höfert, Kunsthalle Mannheim
Do. 04.05.2023, 19:30 Uhr

Unheil
DEU 2018. R: John Bock. D: Frank Seppeler, Lars Eidinger, Effi Rabsilber. 91 Min. FSK: k. A.
Der Künstler John Bock (*1965) lässt sich nicht auf ein Medium festlegen. Er verbindet Malerei, Installation, Theater, Musik und Film und schafft skurril verfremdete Räume, in denen Realität und Traum grotesk ineinander übergehen. In der Kunsthalle ist seine begehbare Einheit „LiquiditätsAuraAromaPortfolio“ von 1998 ausgestellt (2019 überarbeitet). In den letzten Jahren hat sich Bock, der eine Professur an der Kunstakademie Karlsruhe innehat, auch dem Medium des Films zugewandt. In UNHEIL wird das mittelalterliche Dorf eines beliebten Freilichtmuseums in Torgelow (Nähe Greifswald) zum Drehort für ein düsteres Geschehen. Der Film, mit Anklängen an Historiendrama, Horrorfilm und Fantasy, schont die Zuschauer*innen nicht: Er zeigt erschreckende Rituale voller abstoßender Grausamkeiten. Die Bewohner*innen starren vor Dreck und sind gleichfalls erstarrt in Aberglauben. Plötzlich taucht ein Fremder im Dorf auf, gespielt von Lars Eidinger. Er erweist sich als Schamane und steht entgegen aller Erwartungen für Fortschritt, Technik und Entwicklung, während die Sippschaft auf die scheinbar bewährten Rituale setzt, wenn nötig auch auf Menschenopfer…
Einführung: Dr.des. Gunnar Saecker, Kunsthalle Mannheim
Do. 15.06.2023, 19:30 Uhr

Sommerkino Open Air
Der Golem, wie er in die Welt kam
DEU 1920. R: Paul Wegener, Carl Boese. D: Paul Wegener, Albert Steinrück, Lyda Salmonova, Otto Gebühr. 87 Min. Stummfilm mit Livemusik. FSK: 0
Er gilt als einer der berühmtesten deutschen Stummfilme: DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM. Der Regisseur und Schauspieler Paul Wegener (1874 – 1948) griff erstmals 1914 den Stoff um die Figur des künstlich erschaffenen Wesens mit Namen „Golem“ auf und beschäftigte sich damit in drei verschiedenen Filmprojekten. In der Kunsthalle ist übrigens Paul Wegeners Porträtbüste ausgestellt – ein echter „Quadratschädel“, den Ernst Barlach 1930 schuf. Während der erste Golem-Film von 1914 als verschollen gilt, ist Wegeners dritter Golem-Film von 1920 als ein Paradebeispiel für das technisch innovative und künstlerisch anspruchsvolle Filmschaffen der Weimarer Republik vor kurzem aufwändig restauriert worden. Stilistisch steht der Film auch für das ausdrucksstarke expressionistische Kino der 1920er Jahre, besonders hinsichtlich seiner ungewöhnlichen, überzeichneten Film-Kulissen. Dafür konnte Wegener den damaligen Berliner Star-Architekten Hans Poelzig (1869 - 1936) gewinnen, der gerade das berühmte Theater Friedrichstadt-Palast gebaut hatte (inzwischen mehrfach umgebaut und erneuert).
Der Golem als Motiv stammt aus der jüdischen Geistestradition und wird seit dem Mittelalter immer wieder literarisch aufgegriffen. So veröffentlichte z. B. der Schriftsteller Gustav Meyrink 1914 einen düster-phantastischen Roman unter dem Titel „Golem“, der hohe Auflagen erlebte und bis heute lieferbar ist. Worum geht es im Film? Er führt uns in das Prag des 16. Jahrhunderts in das Haus des Rabbi Loew, der als Vorsteher der jüdischen Gemeinde zugleich ein Magier und Schwarzkünstler ist. Der Rabbi erweckt eine grob geformte, menschenähnliche Lehmfigur zum Leben, der es gelingt, den Kaiser vor einem tödlichen Unfall zu bewahren. Dieser hatte die Vertreibung der Juden aus Prag angeordnet und nimmt aus Dank diesen Befehl zurück. Der Golem entwickelt sich jedoch durch eine Reihe von unvorhersehbaren Umständen zu einem gefährlichen, nicht mehr durch Loew steuerbaren Wesen, bis ein kleines Mädchen den drohenden Amoklauf des Golem in letzter Minute verhindern kann. Musik, expressionistische Kulissen- und Bildgestaltung, Lichtregie und Schauspiel verbinden sich zu einem beeindruckenden dramatischen Filmgeschehen, das unbedingt sehenswert ist.
Stummfilmvorführung mit Live-Musik
Einführung: Dr. Dorothee Höfert, Kunsthalle Mannheim
Sa. 24.06.2023 – Open Air-Vorführung im Innenhof von Cinema Quadrat – bei Regen im Kinosaal
Kassenöffnung ab 20:15 Uhr. Einführung ab ca. 21:00 Uhr. Filmbeginn nach Einbruch der Dunkelheit, ca. 22 Uhr
Bei Regen findet die Veranstaltung unter Beibehaltung der Zeiten im Kinosaal statt.