Im Ciné-Club blicken wir auf die grande nation des Kinos und zeigen französischsprachige Filme, die gekonnt Unterhaltung mit Anspruch verbinden – und uns besondere Einblicke in die französische Lebensart, Sprache und Kultur schenken. Die Filme laufen in der französischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln.

Tomboy
FRA 2011. R: Céline Sciamma. D: Zoé Héran, Malonn Lévana, Jeanne Disson, Sophie Cattani, Mathieu Demy. 85 Min. FrzOmdtU. FSK: 6
Laure trägt weite Hosen und kurze Haare, und nachdem sie mit ihren Eltern umgezogen ist, beginnt die Zehnjährige ein Abenteuer: Außerhalb ihres Elternhauses stellt sie sich ihren neuen Freunden als Michaël vor und wird von ihnen als Junge akzeptiert. Laure ist ein „Tomboy“, ein Mädchen, das sich den gängigen Geschlechterrollenzuschreibungen entzieht und sich „typisch männlich“ verhält: Sie spielt Fußball, sie rauft, und die hübsche Lisa verliebt sich in sie. Laure genießt diesen Sommer, in dem sie ein Junge ist – doch natürlich fliegt ihr Doppelleben auf, und die Eltern zwingen sie, sich mädchenhaft zu kleiden und zu verhalten…
In ihrem zweiten Langfilm geht Regisseurin Céline Sciamma (PORTRÄT EINER JUNGEN FRAU IN FLAMMEN, 2019, PETITE MAMAN, 2021, Co-Autorin von WO IN PARIS DIE SONNE AUFGEHT, im Ciné-Club am 25.05.) ernsthaft und einfühlsam auf die Erlebniswelt von Laure ein, die sich eine neue Identität erschafft: Ein wunderbares Sommerabenteuer für ein Kind, das spielerisch seinen Platz in der Welt sucht.
Einführung: Mélanie Tissot, Akademische Mitarbeiterin am Romanischen Seminar der Universität Mannheim
Do. 30.03.2023, 19:30 Uhr

Notre-Dame in Flammen – Notre-Dame brûle
(Notre-Dame brûle)
FRA 2022. R: Jean-Jacques Annaud. D: Samuel Labarthe, Jean-Paul Bordes, Mickaël Chirinian, Anne Hidalgo. 111 Min. FrzOmdtU. FSK: 12
Am 15. April 2019 stand Notre-Dame in Flammen. Vom Dachboden der Kathedrale aus breitete sich das Feuer rasend schnell auf das gesamte Bauwerk aus. Ein Schock für Frankreich, ein Schock für die Welt. In seinem Spielfilm rekonstruiert Jean-Jacques Annaud (u. a. DER NAME DER ROSE, 1986, SIEBEN JAHRE IN TIBET, 1997) minutiös und beinahe in Echtzeit die verheerende Brandkatastrophe ab dem ersten Feueralarm. Archivmaterial und Zeugenvideos ergänzt er dabei um die Perspektive der Männer und Frauen, die inmitten des Flammenherds ihr Leben aufs Spiel setzten, um die Kirche vor der vollständigen Zerstörung zu bewahren. Annaud, bekannt für seine bildgewaltigen, atemberaubenden Kinoinszenierungen, zeigt auf packende Weise die fatalen Ereignisketten, die zum Feuer führten, und huldigt der beeindruckenden Rettungsaktion für das Pariser Wahrzeichen – für die naturalistische Inszenierung gedoubelt von verschiedenen Kirchen, unter anderem in Sancés und Bourges.
Einführung: Alban Gebel, Institut Français Mannheim
Sa. 29.04.2023, 19:30 Uhr

Wo in Paris die Sonne aufgeht – Les Olympiades
(Les Olympiades)
FRA 2021. R: Jacques Audiard. D: Noémie Merland, Lucie Zhang, Jehnny Beth, Makita Samba. 106 Min. FrzOmdtU. FSK: 16
Geschichten rund um die „Olympiades“ genannten Hochhäuser im 13. Arrondissement von Paris: Émile lebt mietfrei in der Wohnung ihrer Großmutter, arbeitet in einem Callcenter und findet in Camille einen Mitbewohner. Die beiden beginnen eine unverbindliche sexuelle Beziehung, bis sich Émile mehr und mehr in Camille verliebt. Weshalb dieser auszieht. Parallel dazu zieht die 32jährige Nora aus der Provinz nach Paris, um ein Jurastudium zu beginnen. Von ihren Kommilitonen wird sie mit dem Camgirl Amber Sweet verwechselt und wird Opfer von harschem Cybermobbing. Das Studium beendet sie – und sie begegnet sowohl Camille als auch, im Online-Chat, Amber Sweet.
Jacques Audiard (EIN PROPHET, 2009, DER GESCHMACK VON ROST UND KNOCHEN, 2012) verfilmt in intensiver Inszenierung Kurzgeschichten des New Yorker Graphic Novel-Künstlers Adrian Tomine und verlegte die Stories in seine Heimatstadt mit dem Ziel, ein modernes Paris jenseits der Klischees zu zeigen. Gelegenheitsjobs und schneller Sex, Beziehungs-, Identitäts- und Berufskrisen, Liebe und Illusion formt er zu einem bemerkenswerten, berührenden Panorama der Lebenswirklichkeit – gefilmt in wunderschönen, stilisierten Schwarzweißbildern. Céline Sciamma – deren Film TOMBOY am 30.3. im Ciné-Club läuft – hat am Drehbuch mitgearbeitet.
Einführung: Jost Henze, Cinema Quadrat
Do. 25.05.2023, 19:30 Uhr

Das Leben ein Tanz – En corps
(En corps)
FRA 2022. R: Cédric Klapisch. D: Marion Barbeau, Hofesh Shechter, Denis Podalydès, Muriel Robin, Pio Marmaï. 118 Min. FrzOmdtU. FSK: 12
Elise, immerhin schon 26 Jahre alt, ist erfolgreich als klassische Balletttänzerin – bis sie sich bei einem Sprung den Knöchel verletzt. Sie muss pausieren, für längere Zeit – zu lange für ihre Karriere. Ihr Weg führt sie von Paris in die Bretagne, wo sie mit Freunden einen Foodtruck für eine Künstlerkolonie betreibt. Dort lernt sie die Modern Dance-Compagnie um Hofesh Shechter kennen.
Cédric Klapisch, spätestens seit L’AUBERGE ESPAGNOL bekannt als Filmemacher-Experte für authentische Filmfiguren, erzählt von geplatzten Hoffnungen und von Neuerfindung, von Körperlichkeit und Kreativität, verknüpft Ballett mit modernem Tanz und mit Kulinarik, und er lässt seine Charaktere von tatsächlichen Tänzer*innen spielen. Der israelische Choreograph Hofesh Shechter, der sich im Film selbst spielt, zeichnet für die Tanzszenen verantwortlich – so gelingt ein erfrischendes, tänzerisch leichtes Drama, in dem von den Figuren über die Choreographien bis zu den inneren und äußeren Konflikten nichts gekünstelt wirkt.
Einführung: Dr. Peter Bär, Cinema Quadrat
Do. 29.06.2023, 19:30 Uhr

Die große Sause – La grande vadrouille
(La grande vadrouille)
FRA 1966. R: Gérard Oury. D: Bourvil, Louis de Funès, Terry-Thomas, Claudio Brook, Mike Marshall, Marie Dubois, Sieghardt Rupp. 124 Min. FrzOmdtU. FSK: 6
1942, ein britischer Bomber wird über Paris abgeschossen. Die Flieger können sich per Fallschirm retten – müssen sich nun aber aus der von Nazis besetzten Hauptstadt in die freie Zone Frankreichs retten. Dafür benötigen sie die Hilfe des Malers Bouvet und des Dirigenten Lefort, die wenig begeistert sind, sich in Gefahr zu bringen. Doch die Deutschen sind ihnen allen auf den Fersen…
In DIE GROSSE SAUSE, der in Deutschland auch als DREI BRUCHPILOTEN IN PARIS gelaufen ist, treffen die großen französischen Komiker Bourvil – als gefühlvoll-naiver Malermeister – und Louis de Funès – als quirlig-egomanischer Dirigent – unter der Regie von de Funès-Stammregisseur Gérard Oury aufeinander. Dieser Klassiker der französischen Filmkomödie vereint gekonnt mit seinen unfreiwilligen Résistance-Helden Zeitgeschichte mit temporeichem Spaß. Bis TITANIC von 1998 war DIE GROSSE SAUSE der erfolgreichste Film in den französischen Kinos.
Einführung: Céline Herrera Navarro, Institut Français Mannheim
Do. 27.07.2023, 19:30 Uhr